Mit der internationalistischen Perspektive der revolutionären Arbeit reiste einer unserer Genossen zwischen 2015 und 2016 nach Rojava. Dabei handelte es sich nicht um eine Vergnügungsreise. Vielmehr ging es darum, an einer Revolution teilzunehmen und von ihr zu lernen. Diese wird bis heute im autonomen Gebiet Rojava im Nordosten Syriens vorangetrieben.

Am 14. April 2023 findet sein Prozess in Sion statt. Ihm wird « Beeinträchtigung der Verteidigungskraft des Landes » sowie « Militärdienst im Ausland » vorgeworfen. Der Schweizer Staat wirft unserem Genossen vor, gegen Daesh zu den Waffen gegriffen zu haben, ohne dafür irgendwelche Beweise zu haben. Wir halten es für wichtig, darauf hinzuweisen, dass es in Wirklichkeit nicht nur um diesen Vorwurf an sich geht, sondern auch darum, den Internationalismus und die Unterstützung der Revolution in Rojava zu delegitimieren und entpolitisieren.

Um es klar zu sagen: Es ist nicht wichtig, ob unser Genosse Waffen in der Hand hatte oder nicht. Die bürgerliche Repression unterscheidet tatsächlich zwischen der bewaffneten Teilnahme an der Revolution und anderen Formen der Solidarität. Den Unterschied machen wir nicht. Ob sich Aktivistinnen und Aktivisten an Medien-, Umwelt-, Kunst- oder Militärprojekten beteiligen ist nebensächlich: Es sind alles Facetten desselben Kampfes. Die Revolution in Rojava basiert auf sozialistischen, feministischen und ökologischen Werten; sie finden sich in dem Projekt einer neuen Gesellschaft wieder, das sich entwickelt und das durch den bewaffneten Kampf verteidigt werden muss. Ohne zivile Projekte und zivile Arbeit, keine Revolution. Ohne bewaffnete Kräfte zu ihrer Verteidigung, ebenfalls keine Revolution. In Rojava, wie in jeder anderen revolutionären Erfahrung, kann die neue Gesellschaft nur leben, wenn sie sich verteidigen kann.

Das repressive Vorgehen, das unseren Genossen betrifft, ist im weiteren Sinne Teil einer Dynamik auf europäischer Ebene, die sich unter anderem bereits in Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien gezeigt hat. Die Repression kann unterschiedliche Formen annehmen, aber ihr Ziel ist immer das gleiche: Aktivistinnen und Aktivisten daran zu hindern, ihre politische Arbeit in Europa fortzusetzen, und sie daran zu hindern, die Verbindungen weltweiter revolutionären Erfahrungen zu stärken. In England wurde Genossinnen und Genossen der Reisepass entzogen und die Einreise in den Schengen-Raum untersagt. In Frankreich verbrachte ein Genosse über ein Jahr im Gefängnis unter dem Vorwand, er sei in Rojava gewesen und ein revolutionärer Aktivist. In Italien durchliefen mehrere Aktivist:innen lange Gerichtsverfahren, weil sie in die Region gereist waren. Es gibt viele weitere Beispiele dafür, dass die bürgerliche Justiz unabhängig von der Art der Beteiligung in Kurdistan hartnäckig gegen alle vorgeht, die den Mut hatten, ihr Land zu verlassen, um vom revolutionären Prozess in Rojava zu lernen und daran teilzunehmen. Der Prozess gegen unseren Genossen ist also kein Prozess wegen einer angeblichen « Verletzung der Verteidigungskraft des Landes », sondern ein Prozess gegen den Internationalismus in all seinen Formen. Darauf antworten wir entschieden, dass Internationalismus unsere Pflicht als Revolutionäre ist.

Der Schweizer Staat greift unseren Genossen an, weil seine Aktionen die heilige « Neutralität » der Schweiz untergraben und damit die « Verteidigungsfähigkeit des Landes » beeinträchtigen könnten. Wir möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass die Schweiz bis vor kurzem dem faschistischen türkischen Regime Waffen lieferte. Ein Regime, welches Daesh in Syrien und im Irak unterstützt hat. Auch heute noch unterstützt die Türkei die in der Region aktiven islamistischen Milizen und ist dazu sogar in einem Teil des syrischen Territoriums einmarschiert. Die Waffenverkäufe wurden eingestellt, die wirtschaftliche Zusammenarbeit geht aber weiter. Viele große Schweizer Unternehmen investieren in der Türkei und nutzen die Vorteile, die das faschistische Regime dort bietet. Die Schweizer « Neutralität » ist also nur eine Fassade, um ihre Rolle im westlichen Imperialismus zu verbergen. Wir lehnen jegliche Neutralität ab, denn wir glauben an den Internationalismus und stehen Schulter an Schulter mit all unseren Genossinnen und Genossen, die weltweit gegen den Imperialismus kämpfen. Der Schweizer Staat hat schon immer eine repressive Politik gegenüber internationalistischen Aktivistinnen und Aktivisten verfolgt, sei es im Spanischen Bürgerkrieg oder in der französischen Résistance, um nur einige Beispiele zu nennen.

Das Verfahren gegen unsere Genossen ist von daher nicht unbedeutend. Ihm wird nicht nur die Art seines Engagements in Rojava vorgeworfen, sondern vor allem die ideologischen Gründe, die ihn dazu bewegt haben. Die Schweizer Behörden versuchen in erster Linie, ihn wegen seines politischen Engagements zu verurteilen, und bedienen sich dabei der Militärjustiz. Der Nachrichtendienst der Eidgenossenschaft erwähnt in seinen Akten mehrmals seine Zugehörigkeit zur radikalen Linken und sein politisches Engagement. Die Bourgeoisie will damit revolutionäre Aktivisten einschüchtern und zum Schweigen zwingen. Wir müssen diesen Prozess als eine Form der Repression gegen die revolutionäre Bewegung als Ganzes und nicht nur als Angriff auf eine Einzelperson erkennen. Aus diesem Grund darf die Antwort darauf nicht lediglich eine individuelle sein, sondern muss zwingend eine kollektive und revolutionäre Antwort sein.

Um die Revolution in Rojava und unseren Genossen in diesem Verfahren zu unterstützen, rufen wir zu einer Aktionswoche gegen die westlichen Unterstützer und Verbündeten des faschistischen türkischen Regimes auf, vom 7. bis zum 13. April 2023.

Am 14. April, dem Tag des Prozesses, rufen wir zu einer Kundgebung vor dem Kantonsgericht in Sion um 8.30 Uhr auf.

Es lebe die internationale Solidarität!

Kategorien: Mobilisierungen