Anlässlich des derzeit stattfindendenden NATO-Gipfels in Den Haag haben wir heute morgen beim Cyber-Defence Campus an der Zollstrasse in Zürich ein Paket mit explosivem Inhalt deponiert. Wir empfehlen eine Räumung. Der Campus ist eine militärische Schnittstelle der Schweiz mit der NATO und Beispiel für die gemeinsamen Bemühungen von Staat, Wirtschaft und Hochschulen für die Kriegswirtschaft. Dem Krieg kein ruhiges Hinterland!

Die Kriegsminister:innen der NATO-Mitgliedsstaaten treffen sich dieser Tage in Den Haag, um ein Verhältnis der jeweils eigenen und gemeinsamen Interessen zu finden. Die Vorzeichen dafür sind bekannt und für ihr Unterfangen nicht sonderlich gut: Eine gewaltige kapitalistische Krise, die sich mit all ihren Begleiterscheinungen zunehmend scharf in den Metropolen zeigt (nachdem die Folgen der Krise dieses Systems über Jahrzehnte in die sogenannte Peripherie dieser Welt exportiert wurden), begleitet von viel Unsicherheit darüber, inwieweit der bisherige Dompteur dieses Orchesters (nämlich: die USA) in seiner bisherigen Rolle als ordnende, weil bestimmende Instanz weitermachen will. Die Nervosität über die Kakophonie, die sich im Orchestergraben ausbreitet, wird verdrängt durch die Hoffnung der (noch!) nachgelagerten imperialistischen Staaten in diesem Kriegsverbund, eines Tages selber zum neuen Boss der Bosse aufzusteigen.
Entsprechend klar und unkontrovers ist die Marschrichtung der NATO im Prinzip, auch wenn die Unsicherheit gross und die Einheit fragil ist: Aufrüstung für den Krieg! Oder, wie es die Europäische Union in ihrem Weissbuch schreibt: «The moment has come for Europe to re-arm.» Welcherart der kommende Krieg sein wird, ob er sich gegen einen gemeinsamen äusseren Feind, gegen die Partner von heute oder gar gegen einen aufbegehrenden inneren Feind richtet, ist dabei sekundär. Die Mächtigen wissen, wie eng die Machtfrage an Gewehrläufe gekoppelt ist, und the moment has come, um da vorzuspuren. Darum will das Militärbündnis dieser 32 Staaten, das schon heute für mehr als die Hälfte aller Militärausgaben der Welt verantwortlich ist, weiter pushen, um mehr, mehr, mehr in den Krieg zu stecken. Krieg und Leichen – die letzte Hoffnung der Reichen.
Die Krise durchschüttelt den Schweizer Kokon. Immer weniger wohlig, warm und weich ist es im diskreten und ruhigen kapitalistischen Hinterland, in dieser Nische, die über Jahre den Herrschenden vieler Länder nützlich war und so gefördert und geduldet wurde. Sehr ernst war das Gequatsche von der «Neutralität» sowieso nie, dafür ist der Klassenstandpunkt dieses Staates zu klar und die Interessensanbindung und -einbindung der Wirtschaft an jene des imperialistischen Lagers zu eindeutig. Aber jetzt rüttelt’s am Kokon, eine Achse betrifft die Einbindung der Schweiz in imperialistische militärische Allianzen, entsprechend rollen jetzt Köpfe beim Militär und Nachrichtendienst, weil Veränderungen durchgesetzt werden müssen, Beamtensessel wacklig werden und das Alte weichen muss. Die Rüttelnden motzen, die Schweiz sei ein «Donuthole», also ein parasitäres Loch umringt von Wehrtüchtigen, und die bisherigen Bemühungen, sich immer als Partner, nie aber als Mitglied dieser Allianzen zu positionieren, scheinen nicht mehr auszureichen. Mehr, mehr, mehr NATO wird etwa aus dem Ausland gefordert und mehr, mehr, mehr NATO fordern auch Teile der hiesigen Politik, die sich einen weitergehenden Anschluss an dieses Kriegsprojekt wünschen.
Ein Ort, wo die Zusammenarbeit mit der NATO schon heute erprobt wird, ist der Cyber-Defence Campus in Zürich. Der Campus ist Ausdruck der staatlichen Strategie, sich im verändernden Kriegsfeld des 21. Jahrhunderts zu orientieren und positionieren. Kriege finden auch im digitalen Raum statt, weswegen es einen Aufbau in diesem Raum braucht und dazu trägt dieser Campus, der 2019 ins Leben gerufen wurde, entscheidend bei. Nebst dem Hauptsitz in Thun gibt es Ableger in Lausanne und Zürich, was kein Zufall ist, weil sich dort die Eidgenössischen Technischen Hochschulen befinden, die integraler Teil dieser Strategie sind. Es ist eine Verquickung von Interessen aus Staat, Kapital und Wissenschaft, die dazu beitragen sollen, die Schweiz kriegstüchtig und die Schweizer Kriegswirtschaft zukunftsfähig zu machen (ganz gleich wie in der Drohnenindustrie). Mehr Krieg, mehr Profit!
In diesem konkreten Fall läuft die Einbindung des Cyber-Defence Campus über die Cyberstrukturen der NATO in Estland (das sogenannte: Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence – CCDCoE; auf die separate Zusammenarbeit des Campus mit den Militärs der USA, Israels, der EU oder Deutschlands gehen wir an dieser Stelle nicht weiter ein). Zwei Mitarbeiter des Campus sind vor Ort vertreten, man lädt sich gegenseitig an Konferenzen ein, tauscht sich bei Treffen im kleineren und diskreteren Rahmen aus. Die Jahresberichte des Campus sind voller Berichte darüber: «Die NATO ist ein wichtiger Kooperationspartner: Der Campus leistet wichtige Beiträge zum CCDCoE in Tallinn, sowohl durch die Präsenz der Forscher William Blonay und Peter Hladký wie auch durch Forschungsbeiträge im Arbeitsprogramm. Zudem beteiligt sich der Campus an ausgewählten interessanten STO Arbeitsgruppen der NATO, unterstützt durch das Büro der armasuisse in Brüssel.» Noch Fragen?
Wir haben keine. Deshalb haben wir das Paket mit besagtem Inhalt deponiert, um auf ganz altmodische, aber bewährte Art und Weise Unruhe in das Hinterland der Cyber-Krieger:innen zu bringen. Schauen wir um uns, in der Schweiz, gerade in der Umgebung Zürichs gibt es viele ähnlich gelagerte Unternehmungen, die ihren Teil dazu beitragen wollen, durch Krieg und Elend reich zu werden. Es ist ein Tummelfeld solcher Kriegsprofiteure, greifen wir sie an, Krieg dem Krieg!
Für eine revolutionäre Perspektive!